Leitfaden für Anfänger

Hallo,

Ich habe mich lange nicht gemeldet. Haben wir aufgegeben? Nein!
Es ist wirklich viel passiert in den letzten Monaten. Wir haben schon vieles hinter uns.
Darüber schreibe ich im nächsten Post.

Hier und jetzt gibt es ein paar Tipps für die Leute, die erst planen zu bauen und nicht wissen, was auf sie zukommt. Was mache ich zuerst, was kommt danach?
Ein gewisses Fahrplan für Anfänger.

1.
Es fängt, wie so oft, mit dem Geld an. Jede Investition muss finanziert werden.
Wie viel Kapital haben Sie bereits: Ersparnisse, Bausparvertrag, eine Eigentumswohnung oder ein Baugrundstück, in manchen Fällen - die finanzielle oder tatkräftige Unterstützung der Familie?
Und wie viel Geld könnten/müssten Sie sich von der Bank leihen?
 Insgesamt: wie teuer darf das Haus werden?

Es gibt dafür online Rechner, die grob eine Kredithöhe berechnen.

Ich gehe davon aus, dass Sie die volle Summe nicht haben und Ihr Bauvorhaben zumindest teilweise fremdfinanzieren müssen, dann:

Am einfachsten ist es festzustellen: wie hoch darf die monatliche Ratenhöhe sein?
Dazu rechnet man die heutige Belastung, also Ihre Mietkosten + die Nebenkosten, die später wegfallen werden. z.B. die Gaskosten wenn das Haus mit einer Wärmepumpe beheizt wird.
Die Nebenkosten fallen in einem Haus normalerweise höher aus als in einer Wohnung. Es liegt daran, dass unsere Wohnung teilweise von den Nachbarn mit beheizt wird und geringere Fläche hat. Eine Wohnung wird nur von innen beleuchtet. Das Haus und sein Garten haben auch Außenbeleuchtung.
Je größer der Garten desto mehr Wasser wird verbraucht.

Um solche Kosten im Rahmen zu halten, muss man in einen höheren energetischen Standard investieren, kauft nur noch LED Beleuchtung, installiert eine Photovoltaikanlage, sammelt Regenwasser (im kleinen Garten ist eine einfache Regentonne ausreichend).

Mit Blick auf die Nebenkosten, die ein Haus verursacht, wie hoch darf die monatliche Kreditrate sein? Können Sie die Kreditrate auch dann bedienen, wenn etwa die Hälfte, die Frau beisteuert und Kinder geplant sind?

Wie lange werden Sie den Kredit bedienen, hängt von der Tilgungsrate und Ihrem Alter ab. Der Kredit sollte bis zur Rente abbezahlt werden. Die Ausnahme: ein Haus in München.

Es lohnt sich einen Finanzberater zu treffen, der Ihnen eine erste grobe Schätzung gibt, ob Sie sich ein Bauvorhaben überhaupt leisten können. Er wird Sie nach Ihren Einkünften, aktuellen Krediten und Belastungen fragen. Dann berechnet er die mögliche monatliche Rate. Aus der Ratenhöhe, dem Zinssatz, der Tilgung und Ihrem Alter ergibt sich in etwa die maximale Höhe des Kredits. Natürlich kann man das Angebot ein wenig verbessern indem man die KfW Bank und regionale Finanzierungsprogramme mit einbezieht. Doch sollten die Kredithöhe und Ihre Ersparnisse viel geringer ausfallen als die Baukosten, müssen Sie den Traum aufs Eis legen. Die letzte Rettung wäre noch z.B. wenn eine Familie mit mindestens drei Kinder durch ihre Gemeinde finanziell unterstützt wird, viel Arbeit in Eigenleistung übernommen wird oder wenn Sie bereit sind ein Teil des Hauses zu vermieten um Ihre Finanzierung zu verbessern.

2.
Sie haben ein grünes Licht vom Finanzberater bekommen und wissen wie teuer das Haus sein darf.
Was kommt als nächstes?
Sie brauchen jetzt ein Grundstück.
Warum das?
Es macht oft keinen Sinn ein Haus zu planen, wenn das Grundstück fehlt. Sie müssen wissen, wo die Straße ist um die Einfahrt oder Ihre Garage zu planen. In welche Richtung kommt der Garten und die Terrassentür?
Suchen Sie nach Neubaugebieten in den Gemeinden, wo Sie wohnen möchten. Sie können auch durch die Gegend fahren und einfach nach den Eigentümer fragen. Gute Baugrundstücke in den gefragten Ballungsräumen werden selten im Internet angeboten.

Wenn Sie ein Passivhaus haben möchten, ist die Wahl des Grundstücks oft entscheidend.
Überhaupt wenn Sie ein Passivhaus planen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt einen zertifizierten Passivhausplaner zu kontaktieren. Er kann Sie bei der Auswahl des Grundstücks unterstützen.
Hier finden Sie Ihren Fachplaner:
http://www.passivhausplaner.eu/mitgliederdatenbank.php

Das Haus darf im Süden nicht vom (auch zukünftigen) Nachbarhaus verschattet werden.
Schließlich gibt der Bebauungsplan von dem Gebiet ein paar Angaben vor, die einzuhalten sind: die Höhe des Hauses, wie viel Fläche darf bebaut werden, der Abstand zur Grenze, die Dachform, manchmal auch die Dach- und Wandfarbe, Denkmalschutz oder ähnliches.

Der Bauherr darf einen Antrag auf Befreiung/Abweichung/Ausnahme von den Festsetzungen stellen, muss aber auch mit einer Ablehnung rechnen.

In Neubaugebieten, da wo mehrere Grundstücke zur Auswahl stehen, bitte die Nord - Süd Richtung beachten!
Die Nordrichtung ist mit einem Pfeil markiert oder der Norden ist einfach "oben" auf dem Plan. Im Norden soll das Haus möglichst verschlossen bleiben. Dafür mit vielen Verglasungen öffnet sich Ihr Heim Richtung Süden. Das garantiert solare Gewinne und viel natürliches Licht. Damit wirken die Räume heller, größer und angenehmer. Natürlich muss man eine Verschattung für den Hochsommer einplanen, dazu später mehr.
Achten Sie darauf, dass Sie später durch Ihre großen Fenster nicht den Ausblick auf die Nachbargarage genießen dürfen. Der beste Platz für Ihre Garage ist nördlich vom Haus. Dort werden Sie kaum Fenster haben. Gleichzeitig schützt die Garage das Haus vor dem Nordwind (je nachdem wie windig der Bauplatz ist).

Sie haben das perfekte Grundstück gefunden.
Sie haben geprüft, ob das Grundstück im Grundbuch durch Hypotheken oder Nießbrauch belastet ist.
Kann man es kaufen oder nur pachten? Sie haben den Bebauungsplan gelesen und sich das Grundstück und seine Umgebung genau angeschaut. Sind Nachbarn, Bäume, Immobilien, Straßenanschluss, Höhenunterschiede oder Medien (Wasser, Strom, Gas, Internet, Telefon) vorhanden? Gibt es bereits ein Bodengutachten? Fahren Sie hin, wenn es lange geregnet hat. Steht das Wasser auf dem Grundstück?
Wenn alles geklärt ist, sollten Sie das Grundstück reservieren. Häufig wird für die Reservierung eine Gebühr fällig.

3.
erst dann können Sie ein Haus planen.
Zur Inspiration kann man sich viele Bauprojekte im Internet anschauen, die Kataloge von den Baufirmen holen, eine Musterhausaustellung besuchen.
Sie wissen wie viel Geld Sie investieren wollen, abzüglich des Grundstücks und der Baunebenkosten (min. 20.000 Euro).

Es ist zu klären:
A) Möchten Sie ein Massivhaus oder ein Fertighaus aus Holz? Es gibt noch andere Varianten, wie Haus aus Styropor oder dem Fertigbeton. Egal wie Sie sich entscheiden, ein Passivhaus kann in (fast) jeder Technik gebaut werden 😃

B) wie groß soll es sein? Mit oder ohne Keller? Auch ein Passivhaus muss beheizt werden. Wenn Sie beim Bauen und später Geld sparen wollen, sollte das Haus nicht zu groß geraten. Eine kompakte, einfache Form ist immer von Vorteil, da dadurch weniger Wärmebrücken entstehen und das Haus an sich leichter zu bauen ist. Einfache Form = weniger Baufehler.

C) Sie sollten sich fragen, ob die Küche im Osten oder im Westen sein sollte. Ich wollte sie unbedingt im Osten haben. Es ist halt angenehm, zum Frühstück den Sonnenschein zu genießen. Und wenn man später kocht, ist die Sonne schon weg. Dadurch heizt sich die Küche weniger auf. Ich will ja kochen und nicht gekocht werden 😉
Ob die Küche offen oder geschlossen wird, muss jeder für sich entscheiden. Es gibt auch halb offene Küchen. Einfach ein paar Kataloge durchblättern und im Internet nach Inspirationen suchen. Es lohnt sich schon jetzt ein Küchenstudio zu besuchen. Eine grobe Planung gibt Ihnen das Gefühl wie viel Platz Sie eigentlich für die Küche brauchen.

Die Speisekammer ist ein Raum, wo man die Vorräte, viele selten genutzte Küchenutensilien und die ganze Mülltrennung verstecken kann. Dadurch braucht man weniger Schränke in der Küche selbst und es fällt leichter die Ordnung zu halten. Sie sollte im Norden Platz finden.

Im Flur braucht man mindestens eine kleine Garderobe und die flachen, hohen Schuhschränke. Alles wo man die Sachen verstauen kann oder eine einfache Ablage. Eine kleine Sitzbank oder ein Hocker erleichtern sich die Schuhe anzuziehen.

Ich empfehle Ihnen Beleuchtung, die auf Bewegung reagiert. Gerade im Eingangsbereich, im Flur, im Treppenhaus, dem Hauswirtschaftsraum, der Waschküche sowie der Speisekammer. Es sind Räume, die Sie nur kurz betreten und häufig dabei die Hände voll haben. Wenn man in der Nacht oft zur Toilette geht, kann gedimmtes Licht die Abhilfe schaffen. Smart Home Systeme reagieren in der Nacht automatisch mit gedimmtem Licht. Es ist alles möglich 😃

Sie werden sich freuen, wenn Sie auf jeder Etage mindestens ein Badezimmer vorfinden. Wir planen unten ein Duschbad, um in Notfall oder im Alter keine Treppe laufen zu müssen.

Je nachdem wie groß Ihr Haus und Ihre Familie ist, stellt sich oft die Frage: will ich ein großes Wohnzimmer oder lieber noch ein Gäste/Schlaf/Arbeitszimmer im Erdgeschoss haben. Wir haben uns für beides entschieden. Momentan bauen wir ein großes Wohnzimmer mit der Option, später wenn nötig, schnell ein kleines Schlafzimmer abzutrennen. Dafür wird eine Türöffnung zu gemacht, werden getrennte Fußbodenheizungen verlegt und getrennte Lüftungskanäle berücksichtigt. Hätten wir das jetzt nicht eingeplant, wäre spätere Renovierung sehr kompliziert und kostspielig gewesen.

Manche Familien lassen sich die Leitungen für potenzielle Küche oder Bad oben/im Keller verlegen. Alles was man beim Bauen berücksichtigt, erspart Ihnen später viel Ärger und Geld. Das gilt vor allem für die Elektroinstallation, TV und Internet Anschlüsse.
Lieben Sie Sauna, haben aber kein Geld dafür? Legen Sie fest, wo und wie sie kommen könnte. Vielleicht realisieren Sie Ihren Traum in ein paar Jahren. Dafür braucht man heute nur die Anschlüsse.

Planen Sie Platz für Ihre Waschmaschine ein! Eventuell eine Abstellkammer. Besonders Häuser ohne Keller brauchen solche extra Stauräume.

4.
Sie haben Ihre Planung fertig. Sie wissen, was Sie brauchen. Jetzt suchen Sie sich einen Architekten oder eine Baufirma aus. Sie können Ihre grobe Planung verschiedenen Anbietern zur Kalkulation weiter geben. Dann sind die Angebote in etwa vergleichbar. Wundern Sie sich nicht, wenn manche Architekten oder Baufirmen Ihr Projekt korrigieren/verändern wollen. Manchmal aus einem guten Grund, wie Statik oder Erfahrung, was funktioniert und was nicht. Denken Sie gut über die Anregungen nach. Je mehr Leute Sie ansprechen, desto besser wird Ihr Projekt. Fragen Sie Ihre Freunde oder Familie. Es ist eine sehr wichtige Phase, da alle Änderungen noch aufgenommen werden können und auf dem Papier nichts kosten.

Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Planung! Wenn das Projekt schlecht wird, wird das Haus nicht besser! Wenn Sie Probleme mit einer normalen Zeichnung haben, bitten Sie um eine 3D Visualisierung.  Manchmal sehen Sie dann, wo die Sonne auf- und untergeht. Es wäre schön wenn der Architekt dabei die Schatten von anderen Gebäuden verarbeitet. So prüfen Sie die eventuelle Verschattung Ihres Dachs für eine Photovoltaikanlage. Sprechen Sie mit einem Innenarchitekten Ihres Vertrauens. Vielleicht kann er noch gute Ratschläge erteilen bevor die Planung abgeschlossen ist. Stellen Sie sich vor, wie Ihr tägliches Leben in dem Haus aussehen wird. Fehlt es an etwas? Fühlt sich das richtig gut an?

Schließlich haben Sie sich für einen Architekten / eine Baufirma entschieden.
Worauf wir dabei geachtet haben, schreibe ich im nächsten Post.
Es lohnt sich andere Bauherren, die von dem Unternehmen oder dem Architekten ein Haus haben bauen lassen zu kontaktieren.
Wenn alles passt, werden die Kosten des Bauvorhabens zusammen gerechnet. Nicht nur das Haus, auch das Baugrundstück, die Erschließungskosten, Erdarbeiten, Fundamente (Keller oder Bodenplatte), das Haus, eine Photovoltaikanlage, Solarkollektoren, eine Garage, die Außenanlagen (Einfahrt, Terrasse, Zaun, Garten etc).
Sie dürfen nicht vergessen, dass Sie noch zusätzlich Notar- und Steuerkosten zu bezahlen haben, auch eine Zeit lang die doppelte Belastung aus Miete und Kreditraten tragen.

5.
Zum Schluss wird das geplante Gebäude für den KfW Standard und wenn gewünscht auch im PHPP vom Passivhausplaner berechnet. Die Hälfte der Kosten können Sie von der KfW Bank zurückbekommen.

6.
Ein spezieller Punkt für die Passivhaus Bauherren: lassen Sie Ihr Haus zertifizieren. Die Zertifizierung gibt Ihnen die Gewissheit, dass die Pläne und Berechnungen stimmen. Sie kostet um die 3.000 Euro und die Hälfte wird von der KfW Bank zurück erstattet. Wichtig: die Zertifizierung fängt vor dem Bauen an, indem die Baupläne überprüft und wenn nötig nachgebessert werden!

7.
Mit der Kostenzusammensetzung und dem KfW (und PHPP) Nachweis gehen Sie wieder zum Finanzberater.
Er berechnet die Kredithöhe und Rate mit aktuellem Zinssatz. Die Bank prüft jetzt Ihre Kreditwürdigkeit (Kontoauszüge, Lohnabrechnungen, Einnahmen, letzte Steuererklärung, Schufa).
Die KfW und PHPP Nachweise dienen der günstigen KfW Finanzierung (Nr. 153). Aktuell können Sie bis zu 100.000 Euro zum niedrigen Zinssatz bekommen sowie im Falle eines Passivhauses mit einer Photovoltaikanlage (KfW 40 +) bis zu 15.000 Euro Tilgungszuschuss.

Wenn der Finanzierungsbedarf hoch ist, wird das Wert des Hauses geschätzt.
Danach erhalten Sie ein Angebot von der Bank oder eine Absage. Im zweiten Fall wird eine andere Bank kontaktiert. Je mehr Banken absagen, desto schwieriger wird es.
Endlich ist Ihre Finanzierung gesichert.

8.
Sie kaufen das Grundstück beim Notar. Die Bank wird ins Grundbuch eingetragen.

9.
Sie machen eine Bemusterung und unterschreiben den Bauvertrag (legen Sie die Bauzeit fest und/oder legen Sie den Vertrag Ihrem Anwalt für Baurecht zur Überprüfung vor).

10.
Sie klären die Details ab, Ihre Garage, Außenanlagen sowie die Küche oder Photovoltaikanlage muss in der Planung berücksichtigt werden. Es wird die Baugenehmigung mit den ganzen Plänen beantragt. Sie kümmern sich um die Hausanschlüsse, Baustrom, Bauwasser usw.

11.
vielleicht suchen Sie noch einen Sachverständiger für die Baubegleitung (große Empfehlung von mir!)

12.
Endlich wird es gebaut!

Der ganze Vorgang dauert meistens viel länger als man denkt. Auch wenn Fertighäuser schnell gebaut werden, ihre sorgfältige Planung nimmt viel Zeit in Anspruch. Wir haben für all diese Punkte ein ganzes Jahr gebraucht.

Viel Erfolg 🍀👍

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